Ost-Musik oder Musik im Osten?
Mit Musik über die GrenzeAuf der Spur der Ost-Songs
Renöd (DDR*)Dürfen wir uns vorstellen?* DDR = Der Döner, Rückwärts
Zusammen wollten wir nun auch in der Musik über Grenzen gehen und mehr über die DDR-Musik erfahren.
Am Anfang steht BerlinEin gemeinsamer Auftritt
Was wir nicht ahnen: dass diese Reise zu einer Begegnung wird mit einem Zeitzeugen, für den die Musik zu DDR-Zeiten mehr war als nur etwas, das im Hintergrund lief.
Zuerst einmal gehen wir aber bei den Teilnehmern des Kongresses auf Spurensuche.
"Wichtig für die jeweilige Generation!"
Wir fragen Thomas Krüger, den Präsidenten der Bundeszentrale für Politische Bildung, was die Musik der DDR ihm bedeutet hat.
Ein besonderer Zeitzeuge
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für Politische Bildung
Die "Kunden" waren in der Regel Blues- und Rockmusikfans - Thomas Krüger entdeckt irgendwann eine andere Musikrichtung für sich, die für ihn noch mehr der verbotenen Freiheit ausdrückt.
So frei wie der Jazz!
Eine heimliche Überspielsession Wie "Kunden" an Musik kamen
Eine heimliche Überspielsession Wie "Kunden" an Musik kamen
Die "Kunden" ließen sich sich davon nicht abhalten. In diesem Brief aus Ulf "Ulli" Grimms Archiv sieht man, wie sie das Problem lösten: DIe "Kunden" schnitten Radiosendungen mit und sorgten dafür, dass die wenigen Platten auf Band und später auf Kassetten aufgenommen wurden - die wertvollen Platten vertrauten sich die "Kunden" gegenseitig an.
Puhdys oder Renft? Stones oder Beatles?
"Uns waren die Texte wichtig!"
Das heißt nicht, dass die Musik von DDR-Bands nichts bedeutet hätte - im Gegenteil: Bands wie die Renft Combo und die Puhdys erspielten sich treue Fangemeinden. Und die Frage: "Renft oder Puhdys?" war mindestens so bedeutend wie die Frage "Stones oder Beatles?" im Westen.
Klaus Renft Combo
Klaus Renft Combo
Klaus Renft stellte nach dem Verbot seiner Band einen Ausreiseantrag, heiratete seine griechische Freundin und verließ die DDR. 1981 wurde ihm die DDR-Staatsbürgerschaft aberkannt. Er konnte in West-Berlin als Musiker nicht Fuß fassen und arbeitete am Theater und beim Radio - nach der Wende trat er wieder mit der "Klaus Renft Combo" auf. Er starb 2006 an Krebs.
Die Band gibt es bis heute.
Webseite von RENFT
Foto: CC BY-SA ThKraft (via Wikimedia Commons)
Detlef "Delle" Kriese
Der heutige Schlagzeuger von "Renft" hat ein Buch über die Geschichte der DDR-Band geschrieben.
Wie wichtig die Texte warenEin weiterer Zeitzeuge erzählt
Ulf Grimm, in der DDR "Kunde"
über die Fragen, die ihn als Jugendlichen bewegt haben
Warum war Musik so revolutionär?
Ein unglaubliches Wiedersehen
Ein unglaubliches Wiedersehen
In unserem Gespräch mit Ulf Grimm stolpern wir über einen unglaublichen Zufall: Wir stellen fest, dass unsere beiden Zeitzeugen - der bpb-Präsident Thomas Krüger und der Lehrer Ulf Grimm - sich kennen. Und dass sie es bis jetzt nicht wussten.
In ihrer Jugend waren sie beide "Kunden" - und wie es damals üblich war, nannten sie sich nur bei ihren Spitznamen. Thomas Krüger war "Camillo", Ulf Grimm war "Ulli". Jetzt, Jahrzehnte später, treffen sich die beiden Untergrund-Musikfans von damals erstmals wieder - durch unsere Spurensuche!
("Kunden"-Foto: Ulf Grimm)
Mensch, Du warst das!
RENÖD im Studio
Besuch beim hrDie Band im Studio
Nun, der Hessische Rundfunk hat Studios. Wenn wir schon an einem Projekt mitmachen, an dem der hr beteiligt ist, wollten wir die Chance nutzen und haben nachgefragt. Es hat geklappt: Am 19. Juni 2015 fuhren wir nach Frankfurt - und sind mit tollen Aufnahmen zurückgekehrt. Und wir haben einiges über "unsere" Songs gelernt.
Verabredet Unser Besuch beim Hessischen Rundfunk
Verabredet Unser Besuch beim Hessischen Rundfunk
Für den Nachmittag waren wir dann mit Helfried Wildenhain und seinen Kollegen verabredet. Hel ist Produktionstechniker im so genannten Midi-Studio - da entstehen normalerweise Jingles für die Radiosender und Begleitmusiken fürs Fernsehen. Das Studio ist ziemlich klein - eine komplette Rockband mit Schlagzeug und Verstärkern würde man kaum in den Aufnahmeraum kriegen. Aber aufs Schlagzeug haben wir sowieso verzichtet. Schließlich hätten wir das alles auf der Zugfahrt nach Frankfurt mitschleppen müssen.
Also haben wir die Songs weitgehend akustisch aufgenommen: Akustische Gitarren, Cajon statt Schlagzeug, E-Bass direkt ins Pult. Ein Keyboard hat Hel auch für uns aufgetrieben.
Auf die beiden Songs, die wir an diesem Nachmittag aufnehmen wollten, hatten wir uns schon vorher geeinigt.
Der Song: Alt wie ein Baum
Der Song: Alt wie ein Baum
(Puhdys, 1976)
Peter Meier (Keyboard, Saxophon)
Udo Jacob (Schlagzeug)
Harry Jeske (Bass)
Dieter Hertrampf& Dieter "Maschine" Birr (Gitarre und Gesang)
Y
S
Den Song „Alt wie ein Baum“ schrieb die Band mit Burkhard Lasch 1976. Die erste Zeile bezieht sich auf das Gedicht von Louis Fürnberg („Alt möcht ich werden wie ein alter Baum“):
Alt wie ein Baum möchte ich werden
Genau wie der Dichter es beschreibt
Alt wie ein Baum, mit einer Krone
Die weit-weit-weit-weit
Die weit über Felder zeigt.
Böse Zungen sagen, dass das Stück musikalisch verdächtige Ähnlichkeiten aufweist mit dem Song "39", den die britische Band Queen ein Jahr vorher veröffentlicht hatte. (Video) Das ändert nichts, dass es einer der ganz, ganz großen Hits der DDR ist - auf unserer Spurensuche nach der DDR-Musik sind wir unzählige Male auf dieses Stück angesprochen worden.
Im Studio haben wir das Stück übrigens in mehreren Durchgängen aufgenommen - erst die Musik, dann Saskias Gesang und die Hintergrund-Stimmen. Im Video sieht man Bilder aus allen Aufnahme-Runden - nur, falls ihr euch wundert, warum plötzlich ganz andere Leute im Studio stehen...
Der Song: Als ich fortging
Der Song: Als ich fortging
(Karussell, 1987)
Als ich fortging, war die Straße steil
kehr wieder um
red ihr aus um jeden Preis
was sie weiß
(...)
Refrain:
Nichts ist unendlich,
so sieh das doch ein.
Ich weiß, du willst unendlich sein,
schwach und klein.
Nichts ist von Dauer
was keiner recht will
auch die Trauer wird dann sein
schwach und klein
Geschrieben wurde das Lied von Dirk Michaelis (Musik) und Gisela Steineckert (Text). Man kann es als Abgesang auf eine gescheiterte Liebe lesen - oder als Kommentar auf Republikflucht und den Zerfall der DDR.
Klar ist - der Song wurde ein Hit - und hat es zu seinem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht.
Die Gruppe "Karussell"
Im April 1976 gründete Wolf-Rüdiger Raschke die Rockband aus Leipzig. Sie entstand aus den Mitgliedern der Amateurband „Fusion“ und aus der verbotenen Band „Renft“. Die Gründungsmitglieder waren: Wolf-Rüdiger Raschke (Keyboard), Peter Gläser (Gesang und Gitarre), Jochen Hohl (Schlagzeug), Reinhard Huth (Gitarre), Lutz Kirsten (Gesang und Gitarre), Klaus Winter (E-Bass) und Bernd Schumacher (Saxophon, Querflöte).
Webseite von Karussell
Amira und unser Lehrer Bernd Urban
Antworten auf eine einfache Frage: Was bedeutet dieser Song für Dich?
Damals/Heute
Wir machen weiter!
Die Ferien kamen, und einige von uns gingen. Amira ist in Amerika, und es ist nicht leicht, die Zeit zu finden - aber für uns steht fest, dass wir als Band weiter Musik machen wollen!
Treffen mit einer DDR-Schülerband
"Crazy" 1987Wir treffen eine DDR-Schulband
Nach einer Unterbrechung von über 20 Jahren macht Crazy heute wieder Musik. Und hat eine ganz neue Liebe zu alten, damals ungeliebten DDR-Songs entdeckt - das erfahren wir, als wir uns mit den „Crazy“-Musikern treffen.
Auftreten in der DDR
Ein Nebeneffekt: Viele der DDR-Bands setzten sich aus studierten Musikern zusammen. Die schrieben zum Teil ganz schön anspruchsvolle Songs - und das trug auch dazu bei, dass Schülerbands wie "Crazy" nicht unbedingt scharf darauf waren, nur Ost-Songs zu spielen.
Und Discos? Ob Disco oder Tanzveranstaltung – gespielt wurden immer die aktuellen Hits aus dem Westen und dem Osten. Damit das mit der 60-40-Regelung auch funktionierte, wurde oft beim Ausfüllen der AWA-Listen geschummelt. AWA: das war die "Anstalt zur Wahrung der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte auf dem Gebiet der Musik", gewissermaßen die Ost-GEMA.
"Damals im Osten" - über Rock und Pop in der DDR
Matthias, Bassist von "Crazy"
Damals mussten wir die DDR-Songs spielen - heute spielen wir sie gern!
Und heute?
Zum Schluss: Lasst uns spielen!
Outtakes und Credits
Das LetzteAch ja...
Auf unserer Spurensuche haben wir auch das Grenzmuseum in Schifflersgrund besucht - unser Lehrer ist dort ehrenamtlich engagiert. Was wir dort aufgenommen haben, haben wir hier ausgelassen - wir brauchten es nicht, um unsere Geschichte zu erzählen.
In Erinnerung bleiben wird uns der Dreh trotzdem, weil er auch ein paar ... naja... einmalige Ergebnisse hervorgebracht hat.
Aber seht selbst!
Outtakes!
Dankeschön!
"Renöd" sind:
Saskia Hahn, Gesang
Tinka Rimbach, Keyboards
Miriam Schäfer, Gitarre
Amira Mehr, Gitarre und Gesang
Josephine Martin, Keyboards und Gesang
Felix Götze, Bass
Leon Böttger, Gitarre
Jonas Gerlach, Schlagzeug und Cajon
Bernd Urban, Gitarre und Management